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Kategorie: Arbeit + Personal
| 08:00 Uhr

LAG Köln: Zur Abgrenzung zwischen freiem Mitarbeiter und Arbeitnehmer


Prof. Dr. Stephan Arens, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Das Landesarbeitsgericht Köln hatte in seinem Beschluss vom 11.08.2014 – 6 Ta 192/14 darüber zu entscheiden, wann ein Mitarbeiter als „Arbeitnehmer“ anzusehen ist.

Sachverhalt

Der Kläger, der vom Beruf Zahnarzt ist, war in der Zahnarztpraxis des Beklagten auf der Grundlage eines „Assistentenvertrages“ vom 09.02.2011 als sogenannter Vorbereitungsassistent ab dem 01.03.2011 tätig. In dem Vertrag ist von einer freiberuflichen Tätigkeit die Rede.  Detaillierte Regelungen enthält der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Gewährung von Urlaub  und einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht der Richter ist der Kläger kein „freier Mitarbeiter“ sondern ein Arbeitnehmer. Dies folgt aus dem Inhalt des Vertrages und der praktischen Durchführung:

Ein freier Mitarbeiter ist frei in der Gestaltung seiner Arbeitszeit, seines Arbeitsorts und von Weisungen unabhängig. Er kann eben über die „Art und Weise“ seiner Tätigkeit frei bestimmen.

Soweit in dem „Assistentenvertrag“ von freiberuflicher Tätigkeit bzw. freier Mitarbeit die Rede ist, steht dies aber in Widerspruch zu Regelungen, die für ein Arbeitsverhältnis typisch sind: So ist die wöchentliche Arbeitszeit mit durchschnittlich 40 Stunden angegeben. Für die Arbeit in diesem Umfang sollte der Assistent eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.400,00 € erhalten. In § 5 des Vertrages ist ein Erholungsurlaub von 25 Werktagen jährlich vorgesehen, während dessen das vereinbarte Honorar – wenn auch als Vorschuss – fortgezahlt werden sollte. Bei einer Dienstverhinderung wegen Krankheit musste eine ärztliche Bescheinigung spätestens am dritten Tag vorgelegt werden. Auch im Krankheitsfall ist eine Entgeltfortzahlung bis zum Ende der sechsten Woche vorgesehen. All dies spricht gegen eine freiberufliche Tätigkeit und für eine „abhängige“ Beschäftigung als Arbeitnehmer.

Vor allem aber sprechen die Bezeichnung des Vertrages selbst und die Art der ausgeübten Tätigkeit für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger sollte als „Vorbereitungsassistent“ und eben nicht als freier Zahnarzt tätig werden. Dabei unterlag er naturgemäß den Weisungen des Beklagten als verantwortlicher Praxisinhaber. Der Kläger ist mithin Arbeitnehmer der Beklagten.

Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass bei der Abgrenzung zwischen der Eigenschaft als Arbeitnehmer und als freier Mitarbeit nicht (allein) die Überschrift des Vertrags entscheidend ist, sondern der Inhalt des Vertrags und die tatsächliche Handhabung. Welche Konsequenzen ergeben sich aber überhaupt daraus, dass nun kein freier Mitarbeiter sondern ein Arbeitnehmer beschäftigt wird?

Arbeitsrechtlich kommen dem Arbeitnehmer weitreichende Rechte zu. Er unterliegt bestimmten Kündigungsschutzvorschriften, kann im Krankheitsfalle eine Entgeltfortzahlung verlangen, er hat Urlaubsansprüche etc. All dies steht einem freien Mitarbeiter nicht zu.

Daneben gibt es sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen: Wird ein Arbeitnehmer fälschlicherweise als „freier Mitarbeiter“ eingestuft, müssen die Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden; zudem muss für den Arbeitnehmer die Lohnsteuer nachbezahlt werden.

Letztlich hat die falsche Einstufung als Arbeitnehmer auch strafrechtliche Konsequenzen: Es liegt eine Steuerhinterziehung und das Vorenthalten von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) vor, wenn der Arbeitgeber die oben genannten Steuern und Abgaben nicht abführt.

 

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