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Kategorie: IT + Medien
| 10:55 Uhr

LG Bad Kreuznach: Kein Namensrecht an Domain durch ähnlichen Vornamen

Eigenes Verfahren


von RA Johannes Zimmermann
Fachanwalt für IT-Recht

Die Entscheidung

Das Landgericht Bad Kreuznach hat mit Urteil vom 18.06.2015 (Az. 3 O 166/14) einer Klage auf Verzicht auf die Domain „hanss.de“ stattgegeben. Der Kläger heißt mit Nachnamen „Hanss“. Der Beklagte, der den Vornamen „Hans“ trägt, hatte die Domain im Jahr 2001 registriert. Der Sohn des Beklagten, der ebenfalls den Nachnamen „Hanss“ trägt, hatte über mehr als zehn Jahre mehrfach vergeblich versucht, den Beklagten zur Freigabe der Domain zu bewegen, wovon der Kläger erst im Jahr 2014 Kenntnis erlangte. In der Folge versuchte der Kläger zunächst außergerichtlich, den Beklagten zum Verzicht auf die Domain zu bewegen und erhob schließlich Klage.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die Klage sei bei dem angerufenen Gericht zulässig, denn der Kläger habe seinen Wohnsitz in dem Gerichtsbezirk. Zur Begründetheit führt das Gericht aus, dass sich der Beklagte im Gegensatz zum Kläger nicht auf ein eigenes Namensrecht berufen könne, da er lediglich mit Vornamen Hans heiße und dieser Name auch nicht mit dem Namen der Domain identisch sei. Die Ansprüche des Klägers seien auch weder verjährt noch verwirkt, wobei sich eine Verwirkung auch nicht aus den jahrelangen Bemühungen des Sohnes ergebe, obwohl dieser keine gerichtlichen Schritte eingeleitet habe.

Bewertung

Der Entscheidung des Landgerichts ist im Ergebnis und in der Begründung zuzustimmen. Bemerkenswert ist diese weniger wegen der Behandlung ungeklärter Rechtsfragen, die das Gericht nur anreißt. Erwähnenswert ist sie vielmehr, weil sie sich wie ein Lehrbeispiel zum Domainrecht liest, in der zahlreiche wichtige Fragen angesprochen und nach dem Stand der Rechtsprechung korrekt beantwortet werden.

Gerichtsstand am Wohnort des Klägers

Zutreffend nimmt das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO an. Ort der unerlaubten Handlung ist auch der Erfolgsort, und bei überall wahrnehmbaren Rechtsverletzungen im Internet damit jedenfalls auch der Wohnort des Verletzten, zu dem ein besonderer sachlicher Bezug besteht (vgl. LG Hamburg, 09.06.2010 – 303 O 197/10).

Namensrecht des Klägers

Das Landgericht bejaht zu Recht ein Namensrecht des Klägers an dem Namen Hanss. Grundsätzlich genießt jeder Nachname Namensschutz. Selbst Trägern von sehr häufigen und verbreiteten Nachnamen (z.B. Müller, Meyer, Schmidt) steht ein Recht an ihrem Nachnamen zu. Für den Namen „Hanss“ gilt dabei keine Besonderheit; er ist als Nachname und in dieser Schreibweise noch nicht einmal besonders weit verbreitet.

Namensrecht des Beklagten

Zu Recht verneint das Landgericht ein Namensrecht des Beklagten an dem Namen „Hanss“. Der wesentliche Gesichtspunkt, dass nämlich dass an Vornamen nur dann ein Recht geltend gemacht werden kann, wenn der Träger unter dem Vornamen überragend bekannt oder der Name derart eigentümlich ist, dass er eine originäre Kennzeichnungskraft hat, entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, 28.10.2008 – I ZR 11/06).

Eine weitaus interessantere Rechtsfrage, die das Landgericht mangels Entscheidungserheblichkeit nur anreißt, ist aber, ob auch an Bezeichnungen, die einen Namen nur abwandeln, ein Namensrecht bestehen kann. Bejahen wird man dies wieder in denjenigen Fällen können, in denen der Namensträger unter dem abgewandelten Namen überragende Bekanntheit erlangt hat. Ein weiterer Fall, den das Landgericht andeutet, könnte dann gegeben sein, wenn sich die genutzte Bezeichnung aus einem vollen Namen und einem weiteren Namenselement, etwa einer Silbe eines weiteren Namens zusammensetzt. Man wird aber zumindest fordern müssen, dass dieses zusätzliche Element einen deutlichen Hinweis auf den vollen weiteren Namen enthält.

Der im konkreten Fall angebrachte zusätzliche Buchstabe „s“ steht möglicherweise bei anderen Namen einem Namensschutz nicht entgegen, wenn der Zusatz auf einen Genitiv oder einen Plural hinweist.

Verjährung

Das Landgericht hält die Ansprüche des Klägers nicht für verjährt. Es differenziert allerdings nicht zwischen dem Anspruch auf Unterlassung der Domainnutzung und dem Anspruch auf Verzicht auf die Domain. Während der Anspruch auf Unterlassung der Nutzung die Folge der tatsächlichen Nutzung der Domain darstellt, ist der Anspruch auf Verzicht die Folge der Registrierung. Beide Ansprüche sind zu unterscheiden, bei beiden spielt aber Verjährung keine Rolle, da sowohl die Nutzung als auch die Aufrechterhaltung der Registrierung Dauerhandlungen darstellen (vgl. zu letzterer BGH, 24.04.2008 – I ZR 159/05).

Verwirkung

Zu Recht verneint das Landgericht auch die Verwirkung der Ansprüche. Es stellt dabei darauf ab, dass dem Kläger erst seit dem Jahr 2014 das Bestehen der anspruchsbegründenden Tatsachen bekannt war. Die Untätigkeit seines Sohnes, der bereits länger Kenntnis hatte,  könne ihm nicht zugerechnet werden. Zudem habe jener auch immer wieder verdeutlicht, dass er die Verfolgung seiner Ansprüche gerade nicht aufgegeben hat.

Da die Verjährung wegen des Dauerhandlungscharakters der Domainnutzung bei Domainstreitigkeiten regelmäßig keine Rolle spielt, kommt dem Institut der Verwirkung bei Ansprüchen wegen langjähriger rechtswidriger Domainnutzung besondere Bedeutung zu. Nur in deren Rahmen kann dem Anspruchsteller dessen anhaltende Untätigkeit entgegengehalten werden. Verwirkt ist ein Recht, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde. Das Landgericht verdeutlicht, dass langjährige einseitige außergerichtliche Bemühungen des Berechtigten ein Festhalten am Recht zum Ausdruck bringen und der Bildung eines gegenteiligen Vertrauens des Verpflichteten entgegenstehen. Im Bereich der Verwirkung haben solche Maßnahmen mithin die gegenteilige Wirkung wie im Verjährungsrecht, wo sie auf den Ablauf der Verjährungsfrist keinen Einfluss haben.

Darüber hinaus wirft der Fall die Frage auf, ob namensrechtliche Ansprüche bezüglich einer Domain überhaupt verwirkt werden können, wenn diese aus einem Familiennamen besteht. Die Verwirkung setzt nämlich weiter voraus, dass sich der Verpflichtete aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes in seinen Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, 20. 7. 2010 - EnZR 23/09). Der Domaininhaber, der sich auf kein eigenes Namensrecht berufen kann, muss in solchen Fällen aber stets damit rechnen, von einem ihm bislang unbekannten Träger des Namens auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Er mag zwar hinsichtlich derjenigen Gläubiger, die bereits auf ihn zugekommen sind, ihre Ansprüche aber nicht weiter verfolgt haben, von der endgültigen Aufgabe der Rechtsverfolgung ausgehen, er wird aber niemals davon ausgehen können, die Domain endgültig behalten und nutzen zu können und dementsprechend auch keine schutzwürdigen Dispositionen treffen. Einzelne, bereits in Erscheinung getretene Namensträger von der Geltendmachung der Rechte wegen ihres zögerlichen Auftretens auszuschließen, erschiene vor diesem Hintergrund kaum gerechtfertigt.

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