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Kategorie: Geistiges Eigentum & Wettbewerb
| 10:48 Uhr

LG Cottbus: Unterlassungserklärung bzgl. Werbung mit „Neupreis“ erstreckt sich auf Werbung mit „Originalpreis“


von RA Johannes Zimmermann
Fachanwalt für IT-Recht

Zwei Angebote - zwei Abmahnungen

Das LG Cottbus hatte in einer wettbewerbsrechtlichen Sache mit Urteil vom 23.09.2014, Az.: 11 O 42/14 über die Kostenerstattung nach zwei ausgesprochenen Abmahnungen zu entscheiden. Mit der ersten Abmahnung begehrte die Klägerin, die wie die Beklagte Textilwaren über ebay verkauft, von dieser die Unterlassung von Angeboten, die keine Widerrufsbelehrung enthalten, und in denen ein „Originialpreis“ wiedergegeben wird, ohne Hinweis darauf, dass es sich dabei um die UVP des Herstellers handle. Die Beklagte hatte die begehrte Unterlassungserklärung bzgl. der unterbliebenen Widerrufsbelehrung abgegeben, allerdings darauf hingewiesen, dass die Abmahnung nicht berechtigt sei, soweit darin die Verwendung des Begriffs „Originalpreis“ bezieht, da dieser mit dem Angebotspreis identisch und hierdurch eine Irreführung ausgeschlossen war. Die Klägerin hatte daraufhin eine weitere Abmahnung wegen eines anderen Angebots der Beklagten ausgesprochen, in dem diese dem aktuellen Angebotspreis einen „Neupreis“ gegenübergestellt hatte, ohne diesen Begriff näher zu erläutern. Beide Angebote endeten bereits vor Ausspruch der ersten Abmahnung. Die Beklagte hatte die Erstattung der Kosten beider Abmahnungen verlangt, die sie jeweils an einem Streitwert von 20.000,00 € bemaß. Die Beklagte erstattete lediglich einen Teil der geltend gemachten Kosten und stellte die ihr selbst für die Verteidigung gegen die erste Abmahnung entstandenen Kosten zur Aufrechnung.

LG Cottbus: Originalpreis = Neupreis

Die Kammer für Handelssachen des LG Cottbus sprach der Klägerin Abmahnkosten in Höhe von 7,90 € zu und wies die Klage im Übrigen zurück. Die erste Abmahnung sei nur teilweise begründet gewesen, weshalb für diese die Hälfte der Abmahnkosten, also ein Betrag von 429,90 € zu erstatten sei. Die zweite Abmahnung sei unberechtigt gewesen. Denn die zum Ausspruch der Abmahnung bereits abgegebene Unterlassungserklärung hinsichtlich der Werbung mit dem „Originalpreis“ erstrecke sich auch auf die Angabe eines „Neupreises“. In beiden Fällen ist die  Bewerbung eines Produkts unter Angabe des Preises als unzulässige Preiswerbung zu beurteilen, wenn nicht erkennbar ist, was unter dem jeweiligen Begriff zu verstehen ist. Beide Formen der Rechtsverletzung seien daher kerngleich. Dies hätten auch die Parteien des Rechtsstreits bei Ausspruch der Abmahnung bzw. Abgabe der Unterlassungserklärung so gesehen, wie sich aus den jeweiligen vorgerichtlichen Erläuterungen ergebe.

Bewertung:

Das LG Cottbus hatte eine Reihe interessanter Rechtsfragen zu beurteilen. Zunächst fällt auf, dass für die erste Abmahnung lediglich die Hälfte der geltend gemachten Abmahnkosten als erstattungsfähig erachtet wird. Es ist in solchen Fällen durchaus vertretbar, stattdessen einen höheren Betrag anzusetzen, der dann entstanden wäre, wenn lediglich der begründete Teil der Abmahnung ausgesprochen worden wäre, bei entsprechend reduziertem Gegenstandswert. Dass das LG Cottbus diese Frage nicht ausdrücklich anspricht, mag daran liegen, dass die Klägerin von vornherein nur einen Betrag von 429,90 € für die erste Abmahnung einklagte, so dass das Gericht ohnehin nicht mehr hätte zusprechen dürfen.

Die der Beklagten für die teilweise Zurückweisung der ersten Abmahnung entstandenen Kosten sieht das Gericht als nicht erstattungsfähig an. Einen Missbrauchsfall i.S.v. § 826 BGB sieht es nicht, da die teilweise Unbegründetheit der ersten Abmahnung nur auf Fahrlässigkeit beruhe. Damit zieht das Gericht die Konsequenz daraus, dass die inneren Vorgänge der Klägerin verborgen bleiben und ein Vorsatz nicht nachweisbar ist. Dies ist sicherlich vertretbar. Vor dem Hintergrund, dass aber ganz offensichtlich und für jeden erkennbar war, dass die Verwendung des Begriffs „Originalpreis“ nicht im Zusammenhang mit einem Preisvergleich stand, bleibt aber der bittere Nachgeschmack, dass Abmahner der Erstattung des durch ihre unberechtigte Abmahnung entstandenen Schadens einfach dadurch entgehen können, dass Sie vortragen, nicht so genau geprüft zu haben, was sie eigentlich abmahnen.

Hinsichtlich der weitaus interessantesten Rechtsfrage ist dem LG Cottbus jedoch uneingeschränkt zuzustimmen. Zu Recht sieht es die zweite Abmahnung als unbegründet an, da diese sich auf einen im Bezug zur bereits vorgelegten Unterlassungserklärung kerngleichen Verstoß bezog. Denn die Verwendung von Referenzpreisen ist nicht per se verboten, sondern lediglich zur Täuschung geeignet, wenn unklar bleibt, ob der Referenzpreis die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, den ehemaligen eigenen Neupreis oder den Neupreis eines Mitbewerbers beschreibt. Ist dies der Fall, ist die genaue Bezeichnung des Referenzpreises unerheblich, wenn die Parteien sich einig ist, dass eine solche Preiswerbung generell zu unterlassen ist. Das LG Cottbus geht zutreffend davon aus, dass ein solcher Fall vorlag, zumal – was sich aus den Entscheidungsgründen leider nicht ergibt – die Beklagte mit der Abgabe der ersten Unterlassungserklärung genau hierauf hingewiesen und erklärt hatte, dass die Beklagte an einer solchen Verhaltensweise generell kein Interesse habe, weshalb sie auch ohne Rechtsverstoß eine – entsprechend angepasste – Unterlassungserklärung abgab.

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