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Treuhandverhältnis kann Sozialversicherungspflicht ausschließen
von Prof. Dr. Stephan Arens, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Die Sozialversicherungspflicht (oder Freiheit) von GmbH Gesellschafter / Geschäftsführern hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Nun hatte sich das LSG Rheinland- Pfalz mit der Sozialversicherungspflicht eines Gesellschafters und leitenden Angestellten zu beschäftigen.
1. Sachverhalt
Der Kläger war bei der GmbH als Technischer Leiter tätig. Die Aufgabenverteilung innerhalb der GmbH war dahingehend abgestimmt, dass einer der Gesellschafter im Wesentlichen für die Bereiche Vertrieb und Marketing tätig war, während der Kläger (als weitere Gesellschafter) in den Bereichen kaufmännische Abwicklung, Projektkalkulation und allgemeine Administration arbeitete.
Zwischen den beiden Gesellschaftern bestand ein notarieller Treuhandvertrag. Darin wurde geregelt, dass der hälftige Gesellschaftsanteil des Klägers (sog. Treugeber) von dem Mitgesellschafter gehalten wird (als Treuhänder). Hintergrund des Treuhandvertrages war der Umstand, dass der Kläger vor seinem Eintritt in die GmbH selbstständig tätig war und seine Kontakte zum früheren Hauptauftraggeber in die GmbH einbringen wollte. Dabei sollte vermieden werden, dass sein ehemaliger Arbeitgeber hiervon Kenntnis erlangt. Der Kläger beantragt die Feststellung, dass er nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Das SG Koblenz hatte dies noch vereint und eine Sozialversicherungspflicht angenommen. Zu einer anderen Beurteilung kam das LSG Rheinland- Pfalz in der Berufungsinstanz.
2. Entscheidungsgründe
Bereits im Jahr 2015 hat das Bundesozialgericht (BSG) die Anforderungen hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht von GmbH Geschäftsführern verschärft. Gem. § § 7 Abs. 1 SGB IV ist „Selbstständiger“ und damit nicht sozialversicherungspflichtig, wenn der im Unternehmen Tätige Gesellschaftsanteile an der Kapitalgesellschaft hält, mit denen zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist, und der Betroffene damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren; vgl. BSG, Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, Rn. 28; BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R - Rn. 25; BSG, Urteil v. 03.04.2014 – B 2 U 26/12 R – Rn. 16, jeweils m.w.N.; BAG, Beschluss v. 17.09.2014 – 10 AZB 43/14. Daraus wird gefolgert:
- von der Sozialversicherungspflicht befreit, ist ein Gesellschafter / Geschäftsführer, wenn er mehr als 50% der Anteile am Stammkapital hält (Mehrheitsgesellschafter);
- wenn er exakt 50% der Anteile hält oder
- bei einer noch geringeren Kapitalbeteiligung liegt eine Sozialversicherungsfreiheit vor, wenn der Gesellschafter / Geschäftsführer kraft ausdrücklicher Regelung im Gesellschaftsvertrag (Satzung) über eine umfassende („echte“/qualifizierte) Sperrminorität verfügt.
Es muss ihm möglich sein, ihm erteilte Weisungen zu verhindern. Stimmbindungsverträge oder sonstige Vereinbarungen sind dabei prinzipiell nicht zu berücksichtigen Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese als echter Satzungsbestandteil (notariell) in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen worden sind.
Unklar war aber bislang, inwiefern Treuhandverträge sozialversicherungsrechtlich zu berücksichtigen sind. Insofern hat das LSG Rheinland- Pfalz, Urteil v. 06.02.2019 – L 4 R 465/16 klargestellt, dass ein Treuhandverhältnis im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung zu berücksichtigen. Eine Treuhandabrede hat Einfluss auf die Ausübung der aus der Gesellschafterstellung erwachsenen Rechte. Sie verleihen dem Treugeber die Rechtmacht, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. In seinem solchen Fall kann der Betroffen sozialversicherungsfrei sein.
Anmerkung: Die Klägerin wurde in diesem Fall erfolgreich von RA Prof. Dr. Stephan Arens gegen die Deutsche Rentenversicherung vertreten.
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