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Kategorie: Unternehmen + Steuern
| 09:05 Uhr

VGH Kassel: Kein Auskunftsanspruch gegen Kultusministerium wegen fehlerhafter Abiturklausur


Mit Urteil vom 23.02.2012 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof einen weitergehenden Auskunftsanspruch nach dem Hessischen Pressegesetz zu der fehlerhaften Aufgabenstellung für die Abiturklausur im Fach Mathematik im Jahr 2009 abgelehnt. Mit dieser Entscheidung änderte der 8. Senat ein Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 9. Mai 2011 ab, mit dem das Land Hessen zur Mitteilung der für die Freigabe der fehlerhaften Aufgaben „letztverantwortlichen“ Person verurteilt worden war.

Die Kläger, ein Journalist und Leiter der Redaktion der BILD-Zeitung in Frankfurt am Main sowie die Axel Springer AG als Verlegerin dieser Tageszeitung, begehren vom Hessischen Kultusministerium eine Auskunft nach dem Hessischen Gesetz über Freiheit und Recht der Presse (Hessisches Pressegesetz - HPresseG -) im Zusammenhang mit dem Zentralabitur 2009 in Hessen. Die Klausur im Fach Mathematik wurde am 27. März 2009 mit vom Hessischen Kultusministerium für Schülerinnen und Schüler der Grund- und Leistungskurse landesweit vorgegebenen Aufgabenstellungen geschrieben. Nachdem festgestellt worden war, dass diese Aufgaben Fehler aufwiesen, wurde den Schülern/innen die Möglichkeit eröffnet, die Mathematikklausur am 30. April 2009 mit anderer Aufgabenstellung zu wiederholen. Darüber berichtete die BILD-Zeitung damals mehrfach.

Auf Anfragen des klagenden BILD-Redakteurs teilte das Hessische Kultusministerium mit, dass die Abituraufgaben im Fach Mathematik im Auftrag des Ministeriums von verschiedenen Kommissionen erarbeitet und geprüft worden seien. Bei der erfolgten internen Überprüfung hätten die Fehler weder Mitgliedern dieser Kommissionen noch Mitarbeitern des Hessischen Kultusministeriums und des Instituts für Qualitätsentwicklung zugeordnet werden können. An der begehrten Bekanntgabe der Identität einzelner Mitglieder der Kommissionen bzw. mit dem Vorgang betrauter Personen bestehe kein berechtigtes Interesse bzw. eine derartige Auskunftserteilung sei aus datenschutzrechtlichen Gründen und aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht statthaft.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat sich in diesem Fall der Auffassung des Landes Hessen angeschlossen. Zur Begründung der Entscheidung wurde in der mündlichen Urteilsbegründung ausgeführt, den Klägern stehe ein presserechtlicher Auskunftsanspruch zwar dem Grunde nach zu; das beklagte Land sei zu der von den Klägern begehrten namentlichen Benennung des Letztunterzeichners bei der Freigabe der fehlerhaften Mathematikaufgaben hier jedoch ausnahmsweise nicht verpflichtet, weil insoweit ein Auskunftsverweigerungsrecht bestehe. Bei der gebotenen Abwägung habe das Kultusministerium zurecht dem Persönlichkeitsrecht des/der letztunterzeichnenden Mitarbeiters/in gegenüber dem geltend gemachten öffentlichen Interesse an seiner/ihrer Namensnennung den Vorrang eingeräumt. In Übereinstimmung mit den bisherigen Angaben des Ministeriums habe die heutige Zeugenbefragung eines damaligen Abteilungsleiters des Kultusministeriums ergeben, dass der/die „letztunterzeichnende“ Mitarbeiter/in des Ministeriums in der Behördenhierarchie unterhalb der Abteilungsleiterebene gewesen sei und insbesondere eine inhaltliche Überprüfung der freigegebenen Abituraufgaben nicht vorgenommen habe, weil er/sie schon fachlich dazu gar nicht in der Lage gewesen wäre. Die öffentliche Bekanntgabe des Namens dieser Person sei deshalb nicht geeignet, den Grund für die Fehler in den Mathematikaufgaben zu ermitteln. Angesichts der vorprozessualen Berichterstattung der BILD-Zeitung könne demgegenüber die Preisgabe des Namens dieses/dieser Bediensteten gegenüber den Klägern dazu führen, dass diese Person in der Öffentlichkeit als hauptverantwortlich für die Mängel der Aufgabenstellungen für die Mathematikklausur im Jahr 2009 stigmatisiert werde, obgleich nach Darstellung des Kultusministeriums die aufgetretenen Mängel offenbar die Folge eines nicht hinreichend strukturierten Zusammenwirkens von Expertenkommissionen und Bediensteten des Ministeriums gewesen sei. Damit geriete die verlangte Auskunft in einen Bereich, in dem bei einem Amtsträger auch die dienstliche Tätigkeit zu einer persönlichen Angelegenheit werde und somit in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts falle.

Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision ist die Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu entscheiden hätte.

Aktenzeichen: 8 A 1303/11

Quelle: Pressemitteilung VGH Kassel v. 23.02.2012