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Kategorie: Unternehmen + Steuern
| 08:45 Uhr

Zur Anwendung des § 64 GmbHG auf den Direktor einer Limited


Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. Limited. Das Verfahren ist am 27. November 2007 vom Amtsgericht Erfurt eröffnet worden. Die Schuldnerin ist als private company limited by shares (im Folgenden: Limited) in dem für England und Wales zuständigen Handelsregister in Cardiff eingetragen. Eine deutsche Zweigniederlassung ist im Handelsregister eingetragen. Die Beklagte ist Direktorin der Limited.

Diese war überwiegend in Deutschland tätig. Ihr Unternehmensgegenstand bestand in der Montage von Lüftungsanlagen und damit verbundenen Dienstleistungen. Da die Schuldnerin zahlungsunfähig war und die Beklagte Direktorin in der Zeit vom 11. Dezember 2006 bis zum 26. Februar 2007 Zahlungen der Limited in Höhe von 110.151,66 € veranlasst hat, wird die Beklagte persönlich von dem Insolvenzverwalter auf Ersatz dieses Betrages in Anspruch genommen.

Nach Ansicht ist des Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 15. 3. 2016 – II ZR 119/14) ist die Beklagte Direktorin nach § 64 GmbHG zur Zahlung von 110.151,66 € verpflichtet. Diese Norm ist auf eine Limited, über deren Vermögen in Deutschland das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, anwendbar.

Die Limited war ab dem 1. Oktober 2006 ausweislich der Liquiditätsbilanzen zahlungsunfähig. Nach § 64 GmbHG sind die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Gesellschaft – oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter – zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet worden sind. Diese Vorschrift findet auch auf die Direktorin einer Limited Anwendung.

Der Zweck der Vorschrift besteht darin, Masseverkürzungen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens zu verhindern und für den Fall, dass der Geschäftsführer seiner Massesicherungspflicht nicht nachkommt, sicherzustellen, dass das Gesellschaftsvermögen wieder aufgefüllt wird, damit es im Insolvenzverfahren zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht. Damit wird von § 64 GmbHG nicht ein Schaden der Gesellschaft erfasst, sondern ein Schaden der künftigen Insolvenzgläubiger. Die verbotswidrigen Zahlungen dienen in der Regel der Erfüllung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft und führen bei dieser nur zur Verkürzung der Bilanzsumme, nicht aber zu einem Vermögensschaden. Verringert wird nur die Insolvenzmasse in dem nachfolgenden Insolvenzverfahren, was zu einem Schaden allein der Insolvenzgläubiger führt.

Dieser Gesetzeszweck trifft auf beide Gesellschaftsformen zu. Sowohl in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung als auch in der Limited haften die Gesellschafter grundsätzlich nicht mit ihrem persönlichen Vermögen für die Gesellschaftsschulden. In beiden Gesellschaftsformen werden die Geschäfte von einer dafür verantwortlichen, nicht notwendig auch als Gesellschafter beteiligten Person geführt. Bei beiden Gesellschaftsformen besteht die Gefahr, dass der Geschäftsführer oder der Direktor nach Insolvenzreife Zahlungen zu Lasten der späteren Insolvenzgläubiger leistet und damit die Insolvenzmasse verkürzt.

Diese Umstände rechtfertigen es, den Geschäftsführer deutschen Rechts und den Direktor englischen oder walisischen Rechts in Bezug auf die Haftung bei derartigen Zahlungen gleichzubehandeln.

 

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