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Kategorie: Geistiges Eigentum & Wettbewerb
| 19:57 Uhr

OLG Köln (Az.: 15 U 19/15): Abgabe einer notariellen Unterwerfungserklärung im einstweiligen Verfügungsverfahren

Eigenes Verfahren (Wettbewerbsrecht)


von RA Dr. Jan-Peter Psczolla
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Ausgangspunkt: Abmahnung wegen Berichterstattung über Immobilienfonds

Im vorliegenden Fall nahm ein Immobilien- und Beteiligungsunternehmen einen von unserer Kanzlei vertretenen Rechtsanwalt wegen angeblicher unsachlicher Äußerungen im Rahmen einer Pressemeldung auf Unterlassung in Anspruch. Dies erfolgte zunächst im Rahmen einer außergerichtlichen Abmahnung, anschließend wurden die Ansprüche in einem einstweiligen Verfügungsverfahren weiterverfolgt.  Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde vom Ausgangsgericht mit Urteil vom 22.12.2014 zurückgewiesen (LG Bonn, Az.: 9 O 466/14).

Notarielle Unterwerfungserklärung – Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses?

Der in Anspruch genommene Rechtsanwalt gab nach Abschluss der ersten Instanz zur Vermeidung von Kostenrisiken durch ein mögliches Berufungsverfahren am 09.01.2015 eine notarielle Unterwerfungserklärung ab, welche den Verfügungsklägerinnen am 19.01.2015 zugstellt wurde. Diese legten gleichwohl am 29.01.2015 gegen das landgerichtliche Urteil form- und fristgerecht Berufung ein. Die Berufungsbegründung erfolgte mit Schriftsatz vom 25.02.2015.

Entscheidung des OLG Köln, Urt. v. 07.05.2015, Az.: 15 U 19/15

Das OLG Köln wies die Berufung mit Urteil vom 07.05.2015, Az.: 15 U 19/15, antragsgemäß zurück. Aufgrund der notariellen Unterwerfungserklärung sei bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die Weiterverfolgung der Unterlassungsklage im Berufungsverfahren entfallen. Dies gelte, obwohl es sich im vorliegenden Fall um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelt. Das OLG Köln führt hierzu aus:

„Der Senat verkennt nicht, dass es sich vorliegend um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelt, für das in der Rechtsprechung und Literatur bei einem – hier von den Verfügungsklägerinnen u.a. geltend gemachten – Wettbewerbsverstoß wegen der Gefahr eines Missbrauchs der zeitlich u.U. nicht unerheblichen Vollstreckungslücke zwischen der notariellen Unterwerfungserklärung und dem Androhungsbeschluss nach § 890 Abs. 2 ZPO trotz Zustellung der vollstreckbaren notariellen Unterwerfungserklärung das Rechtsschutzbedürfnis generell oder zumindest im Einzelfall dennoch bejaht wird (vgl. die von den Verfügungsklägerinnen vorgelegte Entscheidung OLG Köln v. 10.04.2015 – 6 U 149/14; a.A. etwa Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG 33. Aufl. 2015 § 12 Rdn. 1.112d). Die dem zugrunde liegende Erwägung, dass der Gläubiger eine vollstreckbare gerichtliche Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren in der Regel schneller erlangen kann als einen gerichtlichen Androhungsbeschluss nach § 890 Abs. 2 ZPO, greift indes im vorliegenden Fall nicht. Denn die notarielle Unterwerfungserklärung des Verfügungsbeklagten ist den Verfügungsklägerinnen bereits am 19.01.2015 und damit so früh zugestellt worden, dass sie noch vor Einreichung ihrer Berufungsbegründung vom 25.02.2015, jedenfalls aber vor Abschluss des hiesigen Verfügungsverfahrens dem Verfügungsbeklagten hätten zustellen (lassen) und – auch unter Berücksichtigung der gemäß § 891 ZPO gebotenen Anhörung des Verfügungsbeklagten – einen Androhungsbeschluss nach § 890 Abs. 2 ZPO hätten erwirken können. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Verfügungsbeklagte in seiner notariellen Unterwerfungserklärung bereits ausdrücklich erklärt hat, die Kosten des Androhungsbeschlusses zu übernehmen und auf eine Begründung der Kostenentscheidung zu verzichten.“

Anmerkung:

Notarielle Unterwerfungserklärung lässt Wiederholungsgefahr  nicht immer entfallen

Der 6. Senat des OLG Köln hatte bereits entschieden (Urt. v. 10.04.2015 – 6 U 149/14), dass es Fälle geben kann, in denen Rechtsschutz durch eine einstweilige Verfügung schneller zu erlangen ist, als durch die Erwirkung eines Androhungsbeschlusses nach Abgabe einer notariellen Unterwerfungserklärung. In diesen Fällen soll die notarielle Unterwerfung die Wiederholungsgefahr für einen geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht beseitigen, da für den Unterlassungsgläubiger anderenfalls eine nicht hinnehmbare Vollstreckungslücke entstehen könne.

Androhungsbeschluss kann der effektivere Weg sein

Die hiesige Entscheidung des 15. Senats des OLG Köln steht zu dieser Rechtsprechung nicht im Widerspruch. Denn der Senat hat mit nachvollziehbarer Begründung das Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage (in zweiter Instanz) verneint, da die Verfügungsklägerinnen für die Einlegung der Berufung und deren Begründung die Rechtsmittelfristen von 2 Monaten nahezu vollständig ausgereizt hatten. Innerhalb dieses Zeitraums wäre es den Verfügungsklägerinnen möglich gewesen, einen Androhungsbeschluss zu erwirken.

Ob der 15. Senat das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses auch angenommen hätte, wenn die Verfügungsklägerinnen die Berufung zeitig begründet hätten, konnte offen bleiben. Es hätte im vorliegenden Fall jedoch auch keine Rolle gespielt, da das OLG Köln die geltend gemachten Ansprüche auch in materiell-rechtlicher Hinsicht für nicht begründet ansah.

Der Fall zeigt, dass trotz der Einschränkungen und Besonderheiten bei Abgabe einer notarielle Unterwerfungserklärung diese im Einzelfall – richtig eingesetzt - gleichwohl ein geeignetes Instrument sein kann, um auf eine Abmahnung oder eine gerichtliche Inanspruchnahme zu reagieren.

Unser Team von MWW Rechtsanwälte vertritt Sie u.a. im Marken- und Wettbewerbsrecht. Setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung (Ansprechpartner Dr. Psczolla)!